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Hallo, mein Sohn ist nun knapp 4 Wochen alt. Tagsüber schläft er recht viel, aber ab etwa 20 Uhr schreit er. Gestern waren es fast 2 Stunden am Stück. Er ist rot im Gesicht, macht sich steif und ist durch nichts zu beruhigen. Weder wiegen, zureden, stillen, Schnuller. Irgendwann schlief er vor Erschöpfung ein und als ich dann versuchte sie abzulegen, wurde er wach und das Schreien begann von vorn. So ist es fast jeden Abend. Ich möchte gern, dass er nachts in seinem Bett schläft, weil es untertags ja auch klappt. Was kann ich tun? Schauen, dass er untertags weniger schläft? Wie kann ich das Schreien abends verringern? Stimmt mit meinem Sohn etwas nicht? Danke, Claudia
Liebe Claudia,
dein Sohn ist vollkommen in Ordnung. Das abendliche Weinen kennen viele Eltern und ähnlich wie du, verzweifeln sie daran. Immer wieder und meist zu einer ähnlichen Zeit, beginnt dein Baby plötzlich zu weinen. Dabei wurde es gerade gestillt, die Windel ist frisch, es wird getragen und sanft hin und her gewogen. Und dennoch: Es will sich nicht beruhigen. Ähnlich wie du, beginnen dann Eltern schnell an sich zu zweifeln, ob sie etwas falsch machen oder ob mit ihrem Kind etwas nicht stimmt. Wir wünschen uns doch alle, dass es unserem Baby gut geht. Wenn es sich dann nicht beruhigen lässt, werden wir schnell verunsichert und misstrauen unseren mütterlichen Fähigkeiten.
Warum weinen Babys am Abend?
Babys weinen, um ihre Bedürfnisse auszudrücken: Hunger, Durst, Nähe, Müdigkeit, Schmerzen, etc. Das Weinen ist ihre Art der Kommunikation und ihr Mittel, auf sich aufmerksam zu machen. Wichtig ist für dich also, dass du im ersten Schritt das Schreien akzeptierst. Es ist die Sprache deines Kindes und es kann sich noch nicht anders ausdrücken, wenn ihn etwas bedrückt. In den ersten Lebensmonaten ist das abendliche Schreien ein Phänomen, das sehr häufig auftritt. Wenn du nach einem Grund für das abendliche Weinen suchst, dann wirst du schnell feststellen, dass es schon sehr unwahrscheinlich ist, dass mehrere der Bedürfnisse genau am Abend fast immer zur selben Uhrzeit unglaublich wichtig sind. Wahrscheinlicher ist, dass es für das abendliche Weinen keinen echten Grund gibt. Auch wenn du deinem Baby nicht sofort helfen kannst, braucht es deine Begleitung. Nur weil kein für uns „echter“ Grund hinter dem Weinen steckt, solltest du dein Baby nicht weinen lassen. Viele Eltern haben dann die Sorge, es handle sich bei ihrem Kind um ein Schreibaby – aber keine Sorge: Von einem Schreibaby spricht man erst, wenn das Kind mindestens drei Mal pro Woche, drei Stunden am Tag und mehr schreit.
Es gibt verschiedene Erklärungsmodelle, warum Babys am Abend weinen:
- Ein Modell sagt, dass Babys mit dem Weinen am Abend die Eindrücke des Tages verarbeiten. Auch wenn der Tag für uns scheinbar ruhig verlief, muss ein Baby viele neue Eindrücke verarbeiten: Eine laute Stimme, Musik, ein neuer Duft – das alles sind neue Erfahrungen für dein Baby, die es unvorbereitet treffen. Viele Kinder sind auch dann nervös, wenn der Tag besonders hektisch war, wenn viel los war, wenn sie viel von Arm zu Arm gereicht wurden. Je kleiner ein Baby ist, desto schneller führen auch weniger aufregende Erlebnisse zu einer Reizüberflutung.
- Eine andere Theorie sagt, dass Babys die Geburt oder den Abschied aus dem Bauch mit dem Schreien verarbeiten. Sie haben Gebärmutterheimweh.
- Andere Theorien behaupten wieder, dass Babys deswegen weinen, weil sie die Kurve einfach nicht kriegen und noch alles mitbekommen wollen, was um sie herum geschieht. Babys können absolut müde sein, schaffen es aber nicht, loszulassen.
- Das Weinen wird auch häufig als Bauchweh interpretiert, was in den meisten Fällen aber nicht zutrifft. Eher führt das Weinen zu Bauchkrämpfen und Blähungen, weil dein Baby sehr viel Luft schluckt.
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Wie du mit der Schreistunde umgehen kannst
Es gibt Situationen, die können wir nur so annehmen, wie sie sind. Das abendliche Weinen gehört da dazu. Reagieren wir jedoch mit Wut, Ablehnung oder Kampf auf die Situation, überträgt sich dieser innere Druck auf dein Baby und die Situation verschlimmert sich. Es gibt leider kein Patentrezept, wie du dich am besten in der Schreistunde verhalten solltest oder was helfen könnte, damit sich dein Sohn beruhigt. Jede Interventionen, die du mit Schnuller rein und wieder nicht, eine Wiege, wippen, etc. setzt, stören dein Baby in seiner Mitteilung: Dein Sohn möchte dir etwas erzählen und du versuchst, ihn zu beruhigen. Er kann sich aber nicht beruhigen, wenn er nicht erzählen darf. Zuhören beginnt schon im Babyalter – später wollen wir auch, dass uns unsere Kinder erzählen, was sie beschäftigt. Das macht dein Sohn auch wenn er abends weint. Für dich heißt es also: DA sein und das Weinen aushalten. Deinen Sohn liebevoll begleiten, ihn Bauch an Bauch zu legen und ihm sagen, dass er dir alles erzählen darf und dass du da bist. Dazu kommt auch, dass Babys gar nicht alleine sein wollen – ganz im Gegenteil. In Mamas oder Papas Arm fühlt sich ein Baby geborgen und sicher. Hier kommt es zur Ruhe.
Aber es gibt zumindest ein paar gute Tipps:
- Ruhe bewahren. Das ist das Wertvollste, das du für deinen Sohn tun kannst. Sei einfach für ihn da. So banal das auch klingen mag, es ist eine große Aufgabe, denn das Schreien deines Kindes geht dir wahrscheinlich durch „Mark und Bein“ wie man so schön sagt.
- Werde nicht wütend. Weder auf dich, noch auf dein Kind. Es will dich nicht manipulieren – das kann es noch gar nicht. Was dein Kind braucht ist deine Begleitung durch diese Phase und das Gefühl, aufgefangen und gehalten zu werden. Wenn du dennoch wütend wirst, dann bitte hol dir Unterstützung. Bitte deinen Mann, deine Mama oder deine Nachbarin, dir am Abend zur Seite zu stehen.
- Vielen Kindern hilft ein Tagesrhythmus, damit sie abends besser abschalten können.
- Trage dein Kind. Möglichst viel. Die Vorteile liegen auf der Hand: Babys brauchen Körperkontakt und dein Baby kann sich verstecken, wenn ihm die Reize zu viel werden. Im Kinderwagen hat es dazu keine Möglichkeit.
- Du kannst auch versuchen, dein Baby zu pucken. Die Begrenzung hilft bei vielen Kindern, dass sie sich geborgen und damit wohler fühlen.
- Wenn gar nichts mehr hilft, dann pack dein Kind einfach in die Trage und geh eine Runde mit ihm spazieren. Ein Tapetenwechsel tut da manchmal gut.
- Monotones Geräusch: Viele Mütter berichten davon, dass ihr Baby bei monotonen Geräuschen wie dem Fön, dem Staubsauger oder dem Dunstabzug einschlafen. Das Rauschen erinnert sie an die Zeit im Bauch. Auch das könntest du also probieren, um deinen Sohn zu beruhigen.
Die Wahrheit ist: Du kannst nicht mehr tun, als das Schreien abzuwarten und dein Kind zu begleiten.
Was du nicht tun solltest
Dein Kind wachhalten stört nur seinen natürlichen Schlafrhtyhmus. Dein Baby weiß, wann es müde ist und wird dann auch schlafen. In anderen Kulturen ist es alles andere als üblich, das Kind zu einer bestimmten Uhrzeit ins Bett zu bringen, sondern die Kinder schlafen dann, wenn sie müde sind. Und das hat den Vorteil, dass es keine Probleme mit dem Schlafen gibt und keine stundenlangen Szenen am Abend. Ich könnte auch nicht schlafen, wenn ich eigentlich noch hellwach bin. Also ist es für dich wichtig, auf die Müdigkeitsanzeichen deines Babys zu achten und dass du ihm dann die Möglichkeit gibst, zu schlafen. Das muss nicht Punkt 20 Uhr sein.
Es hilft auch nichts, dein Baby schreien zu lassen, damit es lernt, dass du entweder nicht gleich springst oder es alleine einschlafen kann. Verwöhne dein Baby bitte nach Strich und Faden, denn was kann es Schöneres geben (und was wünschen wir uns so oft von unserem Partner), als dass einem alle Wünsche von den Augen abgelesen werden? Du verziehst dein Baby keinesfalls damit, wenn du auf seine Bedürfnisse eingehst. Mit Liebe, Nähe und Zuwendung kannst du dein Baby nie verwöhnen.
Viele Eltern greifen dann beim abendlichen Dauerstillen (Cluterstillen) auf ein Fläschchen zurück weil sie glauben, ihre Milch reicht nicht aus. Dabei hat das Clusterstillen einen Sinn: Dein Baby sichert sich so den Milchvorrat für den nächsten Tag und nicht nur das Saugen, sondern auch Stoffe in der Muttermilch lassen es müde werden. Also still ruhig viel am Abend!
Es ist nicht einfach, das Weinen und Schreien seines Babys über einen so langen Zeitraum auszuhalten. Wir wünschen uns, dass es zufrieden und glücklich ist – um entspannt zu sein, muss dein Baby manchmal weinen. Das hat nichts mit deinen Fähigkeiten als Mutter oder Vater zu tun. Du bist eine tolle Mutter!
Begleite dein Kind empathisch und feinfühlig.
Akzeptiere die Situation, so wie sie ist.
Dein Kind hat keinen Mangel, den du beheben musst.
Bei etwa 85% aller Babys gehört das abendliche Weinen dazu und hört nach dem dritten Lebensmonat wieder auf.
Du bist damit nicht alleine.
Es ist eine Phase.
Die geht vorüber.
Und dann kommt wieder eine Neue! 🙂
Alles Liebe, Anna von welovefamily