Inhaltsverzeichnis
- 1 Die Risiken der Pränataldiagnostik, über die kaum jemand spricht
- 2 Wann wird Pränataldiagnostik zum Problem?
- 3 Das ist unsere Geschichte
- 4 Ein schwerer Start ins Leben
- 5 Was die Pränataldiagnostik mit mir machte
- 6 Wie oft wollt ihr euer Glück noch herausfordern?
- 7 Nein, es geht nicht um „Hauptsache gesund“
Triggerwarnung
„Hauptsache gesund“ – das wünschen sich doch viele Eltern, oder? Es ist ein menschlicher Wunsch und ein Wunsch, den wohl jeder nachvollziehen kann. Viel zu schnell wird diese Floskel einfach so dahingesagt – doch was passiert, wenn man plötzlich bei einer Routineuntersuchung erfährt, dass das Kind behindert sein könnte? Was dann? Genau das hat unsere Redakteurin erlebt.
Auch ich habe mir immer ein gesundes Kind gewünscht. Mir ging es so wie vielen vielen anderen Paaren: Egal ob Bub oder Mädchen, Hauptsache das Kind ist gesund. Das wünsche ich mir noch immer. Doch es hat sich eines geändert: Ich musste mich damit auseinandersetzen, wie mein Leben mit einem behinderten Kind aussehen könnte, ob ich dieser Aufgabe gewachsen bin und ich sage heute: Ja, ich wünsche mir ein gesundes Kind. Es ist aber nicht die Hauptsache. Was ist mit allen Menschen, die nicht gesund zur Welt kommen oder in ihrem Leben erkranken? Was ist mit all den Menschen, bei denen während der Geburt etwas schief gegangen ist? Was ist mit all den Menschen, die einen Unfall haben und danach ein Pflegefall sind?
Vielleicht ist es provokant, aber: Es ist meiner Meinung nach ein egoistischer Wunsch, denn er teilt die Menschen automatisch in „richtig“ und „falsch“, in „normal“ und „behindert“. In „erwünscht“ und „unerwünscht“. In „Glück gehabt“ und „Pech gehabt“. Nicht nur, aber auch aus diesem Grund und dem vermeintlichen „Versprechen“ für ein gesundes Kind boomt die Pränataldiagnostik. Wohl kaum jemand wünscht sich ein krankes Kind. Ich kenne niemanden, der sagen würde: „Ja, ich will ein Kind mit Behinderung“. Aber eines zu haben bedeutet nicht, es nicht zu lieben oder ihm abzusprechen, leben zu dürfen.
Die Risiken der Pränataldiagnostik, über die kaum jemand spricht
Ich bin kein Gegner der Pränataldiagnostik, sondern ich sehe sie skeptisch. Sie hat ihre Vor- und Nachteile, besonders ethische. Ich musste mich viel mit dieser Materie befassen und betrachte sie heute mit Ehrfurcht und auch ein wenig ängstlich.
Pränataldiagnostik kann einiges:
- Gefährdungen der Mutter und der Entwicklung des Kindes zu erkennen und zu behandeln (z. B. Gestose, Infektionen)
- Organfehlbildungen zu erkennen und manchmal zu behandeln (z. B. Herzfehler)
- anlagebedingte Entwicklungsabweichungen zu erkennen (z. B. Trisomie 21) – diese können nicht behandelt werden
- bestimmte Krankheiten ausschließen
- Oder Fehlbildungen rechtzeitig erkennen, sodass das Kind vielleicht schon im Mutterleib behandelt werden kann.
Der Wunsch nach einem gesunden Kind ist eines der stärksten Motive, warum werdende Eltern die Pränataldiagnostik in Anspruch nehmen. Hinter diesem Motiv steckt der Glaube, damit alle Gefahren und Risiken ausschließen zu können. Dabei wird jedoch vergessen:
Die Pränataldiagnostik kann ein gesundes Kind nicht garantieren.
97% aller Kinder kommen gesund zur Welt. Die meisten Behinderungen entstehen erst bei der Geburt, durch Krankheit oder durch einen Unfall – und da helfen dann auch die ganzen tollen und positiven Ergebnisse der Pränataldiagnostik nicht mehr. Dann hat man ein Kind mit Behinderung. Und dann?
Wann wird Pränataldiagnostik zum Problem?
Pränataldiagnostik wird dann zum Problem, wenn die „Aufklärung“ fehlt – Aufklärung über die einzelnen Untersuchungen, über die Aussagekraft der Ergebnisse und über die Auswirkungen. Was früher für Risikoschwangere Anwendung fand, wird heute zur Routineuntersuchung: Pränataldiagnostik trübt das Vertrauen in den eigenen Körper.
Mit den Möglichkeiten der frühzeitigen Erkennung von Krankheiten, Anomalien, dem Geschlecht, der Augenfarbe etc. hat die Medizin ohne Zweifel einen großen Schritt vorwärts gemacht – sie hat aber auch den Wunsch nach dem perfekten Menschen in greifbare Nähe gerückt. Ist es denn legitim ein Kind abzutreiben, wenn es nicht die gewünschte Augenfarbe oder das gewünschte Geschlecht hat? Und was ist mit der Möglichkeit, dass es vielleicht irgendwann einmal in seinem Leben Brustkrebs oder Diabetes bekommen könnte? Und damit gibt es Menschen, die über das Leben von anderen entscheiden. Oft trifft es einen auch selbst.
Das ist unsere Geschichte
Ich war schwanger mit Kind Nr.4. Endlich. Nach einer Fehlgeburt von Zwillingen hat es schnell wieder geklappt und wir setzten all unsere Hoffnung und unsere Liebe in diese Schwangerschaft. Dieses Mal musste alles gut gehen. Daran glaubten wir ganz fest.
Ich war knapp Ende der 8. SSW, als noch kein Herzschlag zu sehen war. Die Entwicklung war sonst unauffällig, es bestand also noch Hoffnung. In 5 Tagen sollte ich wieder kommen. Ich spürte aber, dass alles gut war. Die Schwangerschaft fühlte sich so richtig an. Nächste Untersuchung: Das Herz schlug kräftig und ich atmete erleichtert auf. Eintrag in den Mutter-Kind-Pass und Überweisung zur Nackenfaltenmessung. Ohne darüber genauer nachzudenken, nahm ich die Untersuchung wahr und freute mich auf ein nächstes Mal „Baby schauen“. Bei Kind Nr. 1 war es ja auch kein großes Thema – ich wurde auch nicht darüber aufgeklärt, dass ich diese Untersuchung nicht machen muss und dass ihre Aussagekraft alleine zweifelhaft ist.
Ich wusste damals noch nicht, wie diese Untersuchung mein Leben ändern würde.
Der Ultraschall dauerte ungewöhnlich lange. Zu lange. Ein zweiter Arzt wurde hinzugerufen. Ich wurde unruhiger. Fester drückte ich die Hand meines Mannes, die sich leicht schwitzig anfühlte. Wir beide spürten, dass irgendetwas nicht passte. Der Ultraschall wurde wiederholt. Die Ärzte sprachen in ihrer Arztsprache, wir verstanden nicht viel. Ich hatte Angst um mein Baby. Endlich wandte sich einer der Gynäkologen zu uns: Die Nackenfalte ist auffällig. 3,4 Millimeter. Das Kind könnte behindert sein. Noch wäre ein guter Zeitpunkt für eine Abtreibung.
Es riss mir den Boden unter den Füßen weg. Schnell wischte ich die Gelflüssigkeit von meinem Bauch ab und zog mich an. So, als wollte ich mein Baby vor diesen Ärzten schützen. Abtreibung? Niemals. Niemals? Wirklich nicht? Sofort machten sich Stimmen in meinem Kopf breit. Ich kann mich nur noch dunkel daran erinnern, dass wir über weitere Untersuchungen und Fruchtwasserpunktionen aufgeklärt wurden. Zwar hörte ich zu, aber ich nahm es nicht wahr. Meine Gedanken waren ganz woanders: Will ich dieses Kind? Sollen wir dieses Kind bekommen? Ist das nicht Irrsinn? Aber darf ich darüber überhaupt entscheiden? Ich wollte nur weg. Mir war schlecht, ich bekam keine Luft mehr. Was mich aber am meisten störte:
Kein Arzt hat mit uns darüber gesprochen, wie das Leben mit einem behinderten Kind aussehen könnte, was diese Werte zu bedeuten haben, welche Art der Behinderung vorliegt. Das „Problem“ sollte nur schnell aus der Welt geschaffen werden.
Wir waren voller Zweifel: Können wir uns das Leben mit einem behinderten Kind vorstellen? Intuitiv hätten wir schnell „ja“ gesagt, aber wenn es nun konkret ist? Schaffen wir das? Was kommt da auf uns zu? Was ist, wenn das Kind schwerstbehindert ist und eine 24-Stunden-Betreuung braucht? Wie wird sich unser Leben verändern und das Leben des Geschwisterkindes?
Wir fühlten uns alleine. Irgendwie waren wir wie in einer Blase.
Ich widmete einige Tage der Recherche zum Thema Nackenfaltenmessung. Schnell stieß ich auf die ersten Fälle, wo zwar die Nackenfalte auffällig war, das Kind dann aber völlig gesund zur Welt kam. Da wurde mir erst bewusst: Mein Kind könnte also gesund sein. Ich schöpfte also Hoffnung. Ich las Statistiken, informierte mich über weitere Untersuchungen und befasste mich zum ersten Mal so richtig mit dem Thema Pränataldiagnostik. Wir setzten uns zum ersten Mal in unserem Leben mit Trisomie 21 auseinander. Down Syndrom. Viele Abende verbrachten wir damit, führten viele Gespräche und lernten uns noch einmal neu kennen – intensiver und näher. Wir fühlten uns verbunden, wir gaben einander Halt – in einer Zeit, in der uns viele Menschen mit Geschichten und Ratschlägen überhäuften, die immer darauf ausliefen: „Tut euch das nicht an. Ihr habt die Wahl“. Noch nie fiel es uns in unserer Beziehung so schwer eine Entscheidung zu treffen – denn diese Entscheidung betraf nicht uns, sondern unser Kind im Bauch und unsere große Tochter, die unsere Gefühlsduselei zwar noch nicht verstand, aber spürte. Sie brauchte uns viel mehr in dieser Zeit, war anhänglicher und kuschelte viel. Wir entschieden über das Leben unseres Kindes. Immer wieder hatten wir Zweifel, es verließ uns der Mut, wir hatten Sorgen, wir weinten und lachten viel, wir schrieben Briefe und formulierten unsere Wünsche. Wir beteten sogar! Es war eine Achterbahn der Gefühle, aber sie machte uns stark.
Irgendwann war klar:
Keine weiteren Untersuchungen. Keine Fruchtwasserpunktion. Nichts.
Ungläubig wurde unsere Entscheidung zur Kenntnis genommen, so nach dem Motto: „Sie wissen schon, was Sie da machen.“ Wir mussten irgendeinen Zettel unterschreiben. Wir haben uns für unser Kind entschieden. Egal, wie es ist. Wir waren voller Zuversicht, Vertrauen, Hoffnung und Kraft.
Wir dachten, wir wären der Verantwortung gewachsen – wir glaubten daran, dass sich Kinder ihre Eltern aussuchen und in Familien kommen, die es schaffen. Vielleicht sollte dieses Kind unsere Aufgabe sein, vielleicht hat es eine bestimmte Rolle in diesem Leben zu erfüllen. Das alles klingt nun sehr esoterisch, aber es waren diese Gedanken, die uns Halt, Kraft und Mut gegeben hatten.
Ein schwerer Start ins Leben
Die Schwangerschaft verlief ohne Komplikationen. Doch es war etwas anders: Die Freude fehlte. Immer wieder sprachen wir darüber, was wäre wenn – dieser Gedanke begleitete uns. Der Nestbautrieb bestand nicht aus Babysachen kaufen, sondern daraus uns darauf vorzubereiten, wie es mit einem Baby mit Behinderung sein könnte, was wir dann alles brauchen, an wen wir uns wenden könnten, welche Förderungen wir beantragen müssten, wie das mit 24-h-Hilfen aussieht etc. Ich war wie versessen auf die Planung und auf den schlimmsten der schlimmsten Fälle vorbereitet. Zumindest theoretisch war alles fertig – aber praktisch nichts. In den Wehen liegend konnte ich nicht entspannen. Die Geburt ging nicht voran. Plötzlich wurde „es“ konkret.
Ich konnte nicht loslassen.
Ich hatte Angst vor meinem Kind.
Ich wusste, dass ein Baby unser Leben verändern wird – nur in diesem Fall nicht in welchem Ausmaß.
Ich hatte Angst vor der Zukunft und davor, was auf uns zukommen wird. Was ist, wenn es wirklich behindert ist?
Werden wir das als Familie schaffen?
Haben wir früher nur darüber gesprochen, wie es sein könnte, konnten wir es jetzt nicht mehr ändern. Wenn ich nach der Geburt über diesen Zwiespalt gesprochen habe, dann wurde mir immer gesagt: „Du hattest ja die Wahl“. Ich fühlte mich missverstanden, aber vielleicht kann man das nicht verstehen, wenn man nicht in dieser Situation war. Auch für mich klingt es heute befremdlich, denn ich liebe mein Kind heute über alles. Ich hatte einfach Angst und wollte auf das schlimmste vorbereitet sein. Ich wollte auch dieses besondere Kind willkommen heißen und ihm eine Umgebung bieten, die es brauchte. Dass es aber auch einfach gesund sein könnte, das hatte ich schon beinahe ausgeblendet.
Als sie zum ersten Mal auf meiner Brust lag, konnte ich sie nicht anschauen. Ich war komplett überfordert von meinen Gefühlen, meinen Gedanken, überrollt von der schweren Geburt und das Gefühl der Machtlosikgkeit erdrückte mich fast. Darauf war ich nicht vorbereitet. Ich war nicht darauf vorbereitet, wie sich diese 3,4mm Diagnose auf unsere Bindung und auf meine Gefühle für mein Kind auswirken könnte. Ich konnte sie nicht annehmen. Ich lehnte sie schon fast ab. Und das war nicht nur in den ersten Minuten nach der Geburt, nein, dieser Zustand dauerte an. „Aber ich bin doch ihre Mutter“ sagte ich mir innerlich. Ich weinte. Pausenlos. Und es waren keine Freudentränen.
Ich war geschockt. Über mich, mein Verhalten, meine Angst vor meinem Kind. War es mir nicht immer egal, ob es gesund ist oder nicht?
Ich war für dieses Kind in den ersten Wochen keine Mutter, ich war ein Roboter, eine Maschine, die einfach nur funktionierte und gemäß Pflichtgefühl das tat, was sein musste. Aber von Mutterliebe und Oxytocinschüben war nichts zu spüren. Ich war mir selbst so fremd und tat mir schwer, mich auf sie einzulassen.
Ständig achtete ich auf ihre Bewegungen, ob mir etwas Komisches auffiel. Und ja, ich fand ständig etwas eigenartig. Die Kinderärztin war von meinen häufigen Besuchen und Verdachten wohl schon genervt. „Machen Sie sich keine Sorgen, es ist alles gut“ wollte sie mich beruhigen. Nichts war gut. GAR NICHTS. Zumindest nicht mit mir.
Was die Pränataldiagnostik mit mir machte
Die Diagnose „Auffällige Nackenfalte“ hat mich verändert und auch unsere Bindung zueinander. Es hat nie jemand danach gefragt, wie es mir damit geht. Wie ich mit der Situation klarkomme. Ich hätte Hilfe gebraucht, denn so eine Diagnose geht nicht spurlos an einem vorbei. Es gibt nach einer solchen Diagnose keine professionelle Hilfe, die einem angeboten wird und die einem auf diesem Weg begleitet. Wir befanden uns in einem Ausnahmezustand, konfrontiert mit einer Situation, die uns überforderte, auf die es keine Vorbereitung gibt.
Eigentlich war sie ein ganz normales Baby. Ich habe es nur nicht gesehen. Heute glaube ich, sie schrie nach mir. Nach ihrer Mutter, nach meiner Liebe. Ich habe als Mutter zu Beginn ihres Lebens, in einer so sensiblen und wichtigen Phase „versagt“. Und das nur wegen einer Untersuchung, die ich gar nicht hätte wahrnehmen müssen. Aber auch das sagt einem niemand. Wir haben dann mit einer Therapie begonnen – also vor allem ich, denn ich war traumatisiert. Von der Schwangerschaft, ihrer Geburt und der Angst, sie könnte nicht „normal“ sein. Ich musste erst lernen, sie zu lieben.
Heute kann ich darüber reflektieren und ich habe viel gelernt: über mich, meine Ansichten, meine Vorstellungen. Wir sind aneinander gewachsen. Diese Erfahrung hat uns als Paar stärker gemacht und noch näher zusammengebracht, wir sind als Familie zusammengewachsen, haben unseren Platz gefunden. Wir durchlebten eine turbulente Zeit. Immer wieder werde ich mit dem Vorwurf konfrontiert, ich würde eine Abtreibung verurteilen. Nein. Ich verurteile niemanden. Ich kann die Entscheidung gegen ein Kind mit Behinderung nachvollziehen und verstehen, auch, wenn ich sie selber nicht getroffen habe. Immerhin haben wir selbst darüber nachgedacht und gezweifelt, ob wir uns richtig entschieden haben. Immer wieder. Ich weiß, wie man sich in dieser Zeit fühlt, wenn diese „Diagnose“ im Raum steht. Es ist eine Ausnahmesituation und eine schwierige Entscheidung. Ich kann auch nicht sagen, wo die Grenzen sind bzw. ab wann ein Leben „lebenswert“ ist – das steht mir auch gar nicht zu. Darauf gibt es keine pauschalen Antworten, denn jede Familie und jedes Paar muss für sich entscheiden, wie weit es gehen kann. Diese Geschichte hier ist nur unser Weg.
Wie oft wollt ihr euer Glück noch herausfordern?
Das war eine der ersten Fragen, als wir 3 Jahre später erfreut verkündeten, noch ein Baby zu erwarten. Unser Umfeld teilte diese Freude kaum, denn in ihren Augen hatten wir beim letzten Kind schon „Glück“, dass es nicht behindert ist. Gerade noch mal davongekommen. Dieser Gedankte machte mich so unheimlich traurig – auch, wenn ich ihn ein stückweit nachvollziehen kann. Wir hatten weder Glück noch Pech, noch hätte das Schicksal bei uns zugeschlagen. Oder wie man es sonst nennen will.
Aber es ist nicht mehr die „Hauptsache“: Denn wenn eines meiner Kinder im Laufe seines Lebens eine Behinderung bekommen würde, dann würde ich nicht aufhören, es zu lieben.
Nein, es geht nicht um „Hauptsache gesund“
Die Pränataldiagnostik hat mich verändert und hat sich auf meine Beziehung zu meinem Kind ausgewirkt. Eine Zeit, die ich nicht mehr gutmachen kann. Mir wurde eines klar: Meine Unsicherheit und meine Berührungsängste mit dem Thema Behinderung standen mir im Wege. Meine Unerfahrenheit war es, die mir am meisten zu schaffen machte. Ich hatte kaum Erfahrungen mit Menschen mit Behinderung und konnte es mir auch nie vorstellen, in diesem Bereich zu arbeiten. Und plötzlich sollte ich so einer Aufgabe gewachsen sein? Ja, vielleicht hatte diese Zeit genau diesen Zweck: Mich öffnen.
Die Pränataldiagnostik ist nicht ohne Folgen, egal ob Mutter oder Kind. Dennoch is eine umfassende und genaue Aufklärung wichtig. Und diese geschieht kaum – die Überweisungen werden „einfach so“ in die Hand gedrückt.
Ohne dem Hinweis, dass diese Untersuchungen ohne bestimmte Indikation gar nicht sein müssten.
Ohne dem Hinweis auf die Aussagekraft der Ergebnisse.
Ohne begleitende psychologische Betreuung, falls diese gebraucht wird.
Dabei sollte jedes Paar wissen: Die Pränataldiagnostik ist keine Garantie für ein gesundes Kind. Diese Garantie gibt es einfach nicht.
Der Artikel hat mir sehr gut gefallen und ich kann die Gefühle (vom Anfang bis zum Ende) nachvollziehen. Ich wurde mit meiner Tochter absolut überraschend nach 7 Jahren erfolgloser Kinderwunschbehandlung schwanger. Bei uns war jeder Befund unauffällig (inkl. Nackenfaltenmessung mit einem Risiko für Trisomie 21 von 1:3000) und ich hatte eine wunderschöne Schwangerschaft bis zur 4. Mutterkindpassuntersuchung. Da unsere Tochter sehr klein war wurde ihre Größe eine Woche später kontrolliert. Es kam zu einer Plazentabiopsie und bei ihr wurde Trisomie 21 festgestellt, eine Woche später wurde sie per Notkaiserschnitt in der 33Woche geholt. Nach der Diagnose blieb uns nicht viel Zeit uns damit auseinenderzusetzen bzw. bewies sie uns gleich nach der Geburt, dass sie eine kleine (organisch gesunde) Kämpferin ist und wir sind gespannt wie sie sich weiterentwickelt. Auf alle Fälle freuen wir uns darüber viel von ihr lernen zu dürfen! Sollte ich noch einmal das Glück haben schwanger zu werden bin ich nicht sicher ob ich eine Nackenfaltenmessung machen lassen würde, dieses Mal hatte ich das Glück, dass ich mich nicht für oder gegen unsere Tochter entscheiden musste und einfach die Schwangerschaft genießen konnte.